Arbeitsweise unseres Gedächtnisses
Taktgeber im Vorderhirn
Funktioniert das Septum nicht richtig, verwandelt sich die rhythmische Zusammenarbeit in eine chaotische Kakofonie. Gleichzeitig versorgt das Septum auch den Hippocampus mit dem Nervenzell-Botenstoff Acetylcholin. Dieser ist wichtig, damit wir neue Gedächtnisinhalte abspeichern können. Menschen mit einem geschädigten Septum haben daher Probleme, sich neue Geschehnisse zu merken.
Diese beiden Wechselwirkungen zwischen Septum und Hippocampus sind seit einigen Jahrzehnten bekannt. Unerforscht war dagegen bislang, wie die Acetylcholin-Ausschüttung und die Taktgeber-Funktion miteinander zusammenhängen. Diese Frage haben Wissenschaftler um Holger Dannenberg von der Universität Bonn nun geklärt.
Präzise und synchrone Nervensignale
Eine Schlüsselrolle übernehmen demnach Acetylcholin-produzierende Zellen im Septum. Diese "cholinergen" Zellen sind mit dem Hippocampus verkabelt, so dass sie dort Acetylcholin ausschütten können. Das Acetylcholin bremst im Hippocampus die Gedächtniszellen, so dass diese langsamer feuern.
Gleichzeitig aktivieren die cholinergen Zellen im Septum selbst die eigentlichen Taktgeber-Zellen. Auch diese entsenden Steuersignale in den Hippocampus.
Darüber können sie sehr genau regeln, wann und mit welcher Frequenz die Gedächtniszellen feuern. Zusammen bewirken diese zwei Effekte, dass die Gedächtniszellen im Hippocampus zwar seltener feuern, dafür aber sehr präzise und synchron. Die cholinergen Zellen sind also gewissermaßen der Taktstock, mit dem das Septum den Rhythmus vorgibt.
Merken und Erinnern geht nicht zur gleichen Zeit
Doch warum ist es überhaupt nötig, dass die Nervenzellen im Hippocampus synchron aktiv werden?
"Vermutlich ist der Rhythmus wichtig, um die Funktionen des Gedächtnisses zu koordinieren", spekuliert Dannenberg. "So ist es wahrscheinlich nur in bestimmten Phasen des Rhythmuses möglich, Inhalte zu speichern, und in anderen Phasen, gespeicherte Inhalte zu laden."
Merken und Erinnern werden so zeitlich voneinander entkoppelt. Wenn das nicht funktioniert, gerät unser Gedächtnis durcheinander. Eventuell erlauben die Ergebnisse daher auch neue Einblicke in die Entstehung von Demenz-Erkrankungen. So gibt es bereits Hinweise darauf, dass bei Alzheimer-Patienten die Funktion des Septums gestört ist. Auch der Botenstoff Acetylcholin spielt bei der Alzheimer-Krankheit eine zentrale Rolle.
(Journal of Neuroscience, 2015; doi: 10.1523/JNEUROSCI.4460-14.2015)
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