Donnerstag, 11. Mai 2017

kognitive Esskontrolle

Kognitive Esskontrolle


"Eigentlich müsste man an eine anfängliche Phase des Abnehmens eine lange Phase anflanschen, die man 'Training des Gewichthaltens' nennen könnte" 
Thomas Ellrott

"Über alle Studien hinweg schaffen es nur wenige Menschen, ihr Gewicht dauerhaft niedrig zu halten" 
Christine Brombach



Mit einer schnellen Diät sind die Pfunde meist nicht dauerhaft aus der Welt zu schaffen. Wer mit seinem Gewicht kämpft, hat ein Leben lang damit zu tun – und muss Langzeitstrategien entwickeln. 

Das Stichwort heißt "kognitive Esskontrolle".

Starre Esskontrollen mit Verboten wie "Ich esse nie wieder Schokolade, Butter oder Chips" sind dabei nicht hilfreich, denn nur ein kleiner "Fehltritt" – eine Hand voll Chips auf einer Party, das Naschen vom Schokokuchen, den die Nachbarin vorbeibringt – kann zum so genannten Deichbruchphänomen führen: "Der Patient gibt seine rigide Esskontrolle über die verbreitete Denkschablone 'Nun ist es auch egal!' schlagartig zu Gunsten einer zügellosen Nahrungsaufnahme auf", so Ellrott. Phasen des maßlosen Essens wechseln sich mit Phasen strenger Diät ab und fördern so die Entstehung von Essstörungen wie Bulimie und Binge Eating Disorder, Heißhungerattacken, bei der man die Esskontrolle verliert.

Besser geeignet ist die flexible Esskontrolle. Auch hier kommt man um eine verminderte Kalorienzufuhr nicht herum, kann sich also nicht vorwiegend von Fertigpizza und Chips ernähren. 

Aber solche "Sünden" sind, als Ausnahme von der Regel, erlaubt und können in einen Wochenplan eingebaut werden: "Wenn ich diese Woche dreimal eine Stunde joggen gehe, darf ich eine Tüte Chips essen. 

Man muss neue Gewohnheiten entwickeln, etwa regelmäßige Bewegung einplanen und sich selbst 'austricksen', indem man bestimmte Lebensmittel erst gar nicht einkauft", sagt Brombach. 

Der beste Schutz sei aber: gar nicht erst zunehmen!

Das heißt auch, sich einmal pro Woche wiegen. "Regelmäßiges Wiegen beugt einer starken Zunahme vor. Man kann gegensteuern, noch bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist", sagt Ellrott. 

Ein anderer Trick: sich selbst beobachten, indem man alles, was man isst und trinkt, protokolliert oder fotografiert – dank Smartphone fix erledigt. 

Manuela kennt all diese Tipps. "Vor allem das Protokollieren hat mir am Anfang ungeheuer geholfen, weil ich mich an etwas festhalten konnte. Auch meine sinkende Gewichtskurve hat mich extrem motiviert." Manches Mal wollte sie schon den Kampf gegen ihre Pfunde aufgeben, sich am liebsten einen Satz "Fettkleider" kaufen und das Leben genießen. Stattdessen hat sie sich zwei Hunde gekauft und für einen Halbmarathon angemeldet.

Quantitative Vorgaben

Quantitative Vorgaben erzeugen Erfolgserlebnisse: Klare Zielvorgaben, die in kleine Schritte eingeteilt und leicht kontrolliert werden können, erzeugen Erfolgserlebnisse und verstärken damit gewünschtes Verhalten.


Flexible statt rigider Kontrolle


Flexible statt rigider Kontrolle: Rigide Kontrollmaßnahmen („ich esse nie mehr …“) destabilisieren bei geringster Überschreitung das Verhalten. Flexible Vorgaben („ich versuche, in der nächsten Woche nur eine Tafel Schokolade zu essen“) können leichter eingehalten werden und stärken das Selbstvertrauen

Realistische Zielsetzungen: Patienten haben oft unrealistische Abnehmvorstellungen. Aufgabe des Beraters ist es, kleine Schritte zu planen und auf realistische Zielsetzungen zu achten


ImpulsE (ein Akronym für Impulsivität und ihre Interaktion mit Emotionsregulation)



Bei Adipositas und pathologischem Essverhalten (wie enthemmtem Überessen, ausgeprägtem Verlangen nach Süßem oder Essattacken mit Kontrollverlust) sind therapeutische Erfolge – besonders was eine langfristige Gewichtsreduktion angeht – bis dato als mäßig zu beurteilen. Das liegt zum einen sicher daran, dass die Ursachen komplex sind und zum anderen wichtige aufrechterhaltende Faktoren in den bisherigen Therapiekonzeptionen noch nicht genügend beachtet wurden.
ImpulsE (ein Akronym für Impulsivität und ihre Interaktion mit Emotionsregulation) ist ein kognitiv-behavioraler Therapieansatz, der neue Schwerpunkte setzt: die Hemmungs- und Selbstkontrollkompetenz von Personen. 

Ein Essimpuls durchläuft nacheinander drei Inhibitionsprozesse bis es zu einem enthemmten Essverhalten kommt. Häufig trägt eine beeinträchtigte Emotionswahrnehmung oder -regulation die Aufrechterhaltung des enthemmten Verhaltens mit. Hieraus ergeben sich vier Therapieziele. Zuerst soll der Patient lernen, seine Emotionen besser wahrzunehmen und adaptiv zu regulieren. Das zweite Ziel betrifft die Hemmung von Störfaktoren, es wird erlernt, interferierende Prozesse mit Gedanken und Empfindungen an schmackhafte Nahrungsmittel zu hemmen und bei der Sache zu bleiben. Beim Therapieziel Belohnungsaufschub geht es um die Stärkung der Fähigkeit, langfristige Belohnungen (wie eine stabile Gewichtsreduktion) unmittelbaren Belohnungen durch Essen vorzuziehen. Die Verbesserung der Handlungskontrolle zielt darauf, dass der Patient lernt, bereits begonnenes enthemmtes Essverhalten zu unterbrechen.

Das Generalziel des Programms, das besonders für Personen nach misslungenen Behandlungsversuchen wirksam sein kann, besteht darin, dass die Fähigkeit verbessert wird, auf Essensreize kognitiv flexibel zu reagieren und aus Hunger- und Genusserleben und nicht aus dem Impuls heraus aus dem Nahrungsangebot auswählen zu können. Die vier Therapieziele werden im Verlauf von sieben ImpulsE-Modulen bearbeitet, die für Gruppensitzungen konzipiert sind. Das Programm kann aber auch in leicht abgewandelter Form im einzeltherapeutischen Setting sowie im stationären Rahmen angewendet werden. Zu den einzelnen Modulen werden unterschiedliche Interventionen vorgestellt, die beliebig ausgewählt und kombiniert werden können. Im Buch werden die Module und Interventionen ausführlich in allen Einzelheiten und gut verständlich dargestellt. Die beigefügte CD-ROM enthält eine umfangreiche Materialiensammlung, die bei der Durchführung des Therapieprogramms verwendet werden kann





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