Kognitive Esskontrolle
Thomas Ellrott
Christine Brombach
Mit einer schnellen Diät sind die Pfunde meist nicht dauerhaft aus der Welt zu schaffen. Wer mit seinem Gewicht kämpft, hat ein Leben lang damit zu tun – und muss Langzeitstrategien entwickeln.
Starre Esskontrollen mit Verboten wie "Ich esse nie wieder Schokolade, Butter oder Chips" sind dabei nicht hilfreich, denn nur ein kleiner "Fehltritt" – eine Hand voll Chips auf einer Party, das Naschen vom Schokokuchen, den die Nachbarin vorbeibringt – kann zum so genannten Deichbruchphänomen führen: "Der Patient gibt seine rigide Esskontrolle über die verbreitete Denkschablone 'Nun ist es auch egal!' schlagartig zu Gunsten einer zügellosen Nahrungsaufnahme auf", so Ellrott. Phasen des maßlosen Essens wechseln sich mit Phasen strenger Diät ab und fördern so die Entstehung von Essstörungen wie Bulimie und Binge Eating Disorder, Heißhungerattacken, bei der man die Esskontrolle verliert.
Quantitative Vorgaben
Flexible statt rigider Kontrolle
ImpulsE (ein Akronym für Impulsivität und ihre Interaktion mit Emotionsregulation)
Bei Adipositas und pathologischem Essverhalten (wie enthemmtem Überessen, ausgeprägtem Verlangen nach Süßem oder Essattacken mit Kontrollverlust) sind therapeutische Erfolge – besonders was eine langfristige Gewichtsreduktion angeht – bis dato als mäßig zu beurteilen. Das liegt zum einen sicher daran, dass die Ursachen komplex sind und zum anderen wichtige aufrechterhaltende Faktoren in den bisherigen Therapiekonzeptionen noch nicht genügend beachtet wurden.
ImpulsE (ein Akronym für Impulsivität und ihre Interaktion mit Emotionsregulation) ist ein kognitiv-behavioraler Therapieansatz, der neue Schwerpunkte setzt: die Hemmungs- und Selbstkontrollkompetenz von Personen.
Ein Essimpuls durchläuft nacheinander drei Inhibitionsprozesse bis es zu einem enthemmten Essverhalten kommt. Häufig trägt eine beeinträchtigte Emotionswahrnehmung oder -regulation die Aufrechterhaltung des enthemmten Verhaltens mit. Hieraus ergeben sich vier Therapieziele. Zuerst soll der Patient lernen, seine Emotionen besser wahrzunehmen und adaptiv zu regulieren. Das zweite Ziel betrifft die Hemmung von Störfaktoren, es wird erlernt, interferierende Prozesse mit Gedanken und Empfindungen an schmackhafte Nahrungsmittel zu hemmen und bei der Sache zu bleiben. Beim Therapieziel Belohnungsaufschub geht es um die Stärkung der Fähigkeit, langfristige Belohnungen (wie eine stabile Gewichtsreduktion) unmittelbaren Belohnungen durch Essen vorzuziehen. Die Verbesserung der Handlungskontrolle zielt darauf, dass der Patient lernt, bereits begonnenes enthemmtes Essverhalten zu unterbrechen.
Das Generalziel des Programms, das besonders für Personen nach misslungenen Behandlungsversuchen wirksam sein kann, besteht darin, dass die Fähigkeit verbessert wird, auf Essensreize kognitiv flexibel zu reagieren und aus Hunger- und Genusserleben und nicht aus dem Impuls heraus aus dem Nahrungsangebot auswählen zu können. Die vier Therapieziele werden im Verlauf von sieben ImpulsE-Modulen bearbeitet, die für Gruppensitzungen konzipiert sind. Das Programm kann aber auch in leicht abgewandelter Form im einzeltherapeutischen Setting sowie im stationären Rahmen angewendet werden. Zu den einzelnen Modulen werden unterschiedliche Interventionen vorgestellt, die beliebig ausgewählt und kombiniert werden können. Im Buch werden die Module und Interventionen ausführlich in allen Einzelheiten und gut verständlich dargestellt. Die beigefügte CD-ROM enthält eine umfangreiche Materialiensammlung, die bei der Durchführung des Therapieprogramms verwendet werden kann
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