Hirse – ein Getreide gewinnt an Bedeutung | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Hirse erlebt zur Zeit eine beeindruckende Renaissance. Ursprünglich spielte die Getreideart in Europa, besonders auch in Deutschland, in früheren Jahrhunderten eine sehr wichtige Rolle. Rispenhirse war ein viel beachtetes und geschätztes Getreide. Hirsebrei gehörte zu den Grundnahrungsmitteln. Märchen wie "Der süße Brei" der Brüder Grimm belegen die Bedeutung dieser Speise: „…nun waren sie ihrer Armut und ihres Hungers ledig...".
Erst durch ertragreichere Getreidearten und die Kultivierung der Kartoffel setzte der Rückgang des Hirseanbaus ein. Ein weiterer Grund war die aufkommende Sitte, Brot statt Brei zu verschiedenen Tageszeiten zu sich zu nehmen. Hirse als Nahrungsmittel geriet in Vergessenheit. Bekannt war nur noch die Kolbenhirse, an der in dem einen und anderen Haushalt ein Wellensittich gern knabbert.
Für die Welternährung spielt Hirse nach wie vor eine große Rolle: Ihre Produktion steht an sechster Stelle aller Getreide. Vor allem in den Tropen und Subtropen kommt der Pflanze auf Grund ihrer Anspruchslosigkeit, kurzen Reifezeit und Toleranz gegenüber Trockenheit und versalzten Böden ein beachtlicher Stellenwert zu.
Hierzulande gewinnt Hirse in den letzten Jahren wieder an Bedeutung, besonders seit Ernährungswissenschaftler viele hervorragende Eigenschaften herausgefunden haben. Bei zunehmenden Ansprüchen zur Abwechslung in der Gemeinschaftsverpflegung wie Kita- und Schulverpflegung, aber auch in der vegetarischen und glutenfreien Ernährung bietet Hirse wichtige Vorteile.
Die Inhaltsstoffe
Allen voran zeichnet sich Hirse durch ihren guten Nährstoffgehalt aus. Dabei werden die Inhaltsstoffe der Hirse gerne mit denen des Hafers verglichen, beide Getreidearten gehören botanisch zu den Rispengräsern.
Hirsekörner sind klein, meist rundlich und ohne Längsfurchen. Es gibt sie je nach Sorte in weißgrauer, gelber oder rotbrauner Farbvariation.
Wegen der festen Verwachsung von Samenschale und verholzender Fruchtschale (botanisch: Karyopse) werden Hirsekörner geschält angeboten. Genau genommen sind Hirsekörner also keine Vollkornprodukte. Der Ballaststoffgehalt liegt dementsprechend niedriger (siehe Tabelle 1). Doch sind die Nährstoffe im gesamten Hirsekorn verteilt und nicht wie bei Vollkorngetreideprodukten vorzugsweise in den Randschichten (Frucht- und Samenschale).
Tabelle 1: Hauptnährstoffe und ausgewählte Inhaltsstoffe in Hirse, Hafer, Weizen
(Angaben je 100 g verzehrbarer Anteil)
Quelle: Prof. Dr. I. Elmadfa u.a. (Hrsg.): Die große GU Nährwert Kalorientabelle 2012/2013, Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München 2011, 1. Auflage
Das Eiweiß der Hirse ist ernährungsphysiologisch interessant wegen des Gehalts an essentiellen, d. h. lebensnotwendigen Aminosäuren. Bedeutsam ist z. B. der Gehalt an Leucin, einer Aminosäure, für die Kinder einen relativ höheren Bedarf als Erwachsene haben.
Hirse hat kein Klebereiweiß (Gluten). Das ist für an Zöliakie Erkrankte höchst bedeutsam, weil Hirse im Rahmen einer glutenfreien Ernährung sehr gut verzehrt werden kann. Dabei wird teilweise empfohlen, ganze Hirsekörner zu kaufen und diese selbst frisch zu vermahlen. Dies verhindert eventuelle Rückstände anderer Getreidemehle.
Küchentechnisch bedeutet das Fehlen des Glutens, dass aus Hirse keine Teige hergestellt werden können, die Kleberstruktur brauchen, wie Hefe-, Brotteig usw.
„… Rührteig geht gerade noch so…“ laut Marketa Schellenberg, Gourmetköchin für Vollwertkost (UGB) (in: rhw praxis 2/2013, S. 17).
Nach Hafer hat Hirse den zweithöchsten Fettgehalt unter den Getreidearten mit dem bemerkenswerten Gehalt von 75 % einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
Leider ist Hirse dadurch auch nur eingeschränkt lagerfähig. Sie wird relativ schnell bitter, das enthaltene Fett wird ranzig (die negativen Geruchs-, Geschmacksabweichungen heißen „Off-Flavour“). Eine größere Vorratshaltung von Hirse ist daher nicht möglich.
Die Kohlenhydrate (Stärke) der Hirse verkleistern gut und haben dadurch ein hohes Dickungsvermögen. Infolgedessen haben Hirsespeisen häufig eine stark magenfüllende und sättigende Wirkung.
Besonders hervorzuheben ist der Gehalt an dem Spurenelement Eisen mit 6,9 mg pro 100 Gramm geschälte Hirsekörner (siehe Tabelle 2. Zum Vergleich: 100 g entspelzte Haferkörner enthalten 5,8 mg Eisen). Dies macht Hirse so interessant für die vegetarische Ernährung und auch für eine Ernährung mit moderatem, qualitativ hochwertigem Fleischverzehr, wie sie in den Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die Verpflegung in Kitas und Schulen empfohlen wird. Die Eisenversorgung kann durch Verwendung von Lebensmitteln wie Hirse, Vollkorngetreide, Amaranth, Hülsenfrüchte und Gemüse gesichert werden. Dies insbesondere, wenn gleichzeitig Eisen- und Vitamin C-haltige Lebensmittel verzehrt werden und dadurch die Resorption (Aufnahme im Darm) des Eisens pflanzlicher Herkunft verbessert wird.
Tabelle 2: Ausgewählte Mineralstoffe und Vitamine in Hirse, Hafer, Weizen
(Angaben je 100 g verzehrbarer Anteil)
Quelle: Prof. Dr. I. Elmadfa u.a. (Hrsg.): Die große GU Nährwert Kalorientabelle 2012/2013, Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München 2011, 1. Auflage
Nennenswert für Hirse sind auch die mit den Vollkorngetreiden mithaltenden Werte des Mineralstoffs Magnesium und der Vitamine B1, B6. Die Zwerghirse Teff, aus deren nur ein bis 1,5 mm kleinen Körnern Mehl hergestellt wird, wird zusätzlich wegen ihres hohen Kalziumgehaltes gepriesen.
Hirse im Handel
Die vielen Hirsearten (weltweit über 600) werden in zwei Hauptgruppen eingeteilt: Echte-Hirsen und Sorghum-Hirsen.
Die Echten Hirsen (auch Millet- oder Kleine Hirsen) haben kleine Körner (5 g Tausendkornmasse), Rispen- und Kolbenhirse zählen hierzu.
Im Handel findet man die Produktbezeichnungen „Hirse“, „Gold-Hirse“ oder „Feinkorn Hirse“ und deren Erzeugnisse. Es handelt sich hierbei um Rispenhirse, deren gelbe oder rote Fruchtschalen abgetrennt wurden. Sie wird vorzugsweise für Breigerichte verwendet.
Eine Besonderheit ist die Braunhirse, eine Wildform der Rispenhirse, um deren Kultivierung sich einige Öko-Bauern bemühen. Ihre Samen und das Mahlgut sind braun. Bei ihr sind die Schalen verzehrbar, d.h. die Samen müssen nicht geschält werden. Interessanterweise ist die Braunhirse zwar glutenfrei, aber dennoch backfähig. Es lassen sich sowohl Klöße und Bratlinge als auch mit Backferment oder Hefe gelockertes Gebäck zubereiten. Braunhirse wird als ganzes Korn und auch als Mehl angeboten. Eine auf Grund ihres hohen Kieselsäuregehaltes vorhandene Heilwirkung der Braunhirse gilt als nicht glaubwürdig.
Die feingliedrigste Form aller Hirsearten ist die Teff-Hirse. Die kleinen Samen bringen eine Mehlausbeute von 90 %. Im Naturkostfachhandel wird Teff-Mehl für glutenfreie Backwaren angeboten.
Die Sorghum-Hirsen zeigen deutlich größere Körner (17 bis 22 g Tausendkornmasse) und höhere Erträge. In Deutschland werden sie versuchsweise in trockenen Lagen angebaut zur Verwendung als Silage in der Tierfütterung oder als Biogassubstrat.
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Sonntag, 27. August 2017
Hirse – ein Getreide gewinnt an Bedeutung
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