Freitag, 4. Februar 2022

Unsere westliche Lebensweise verändert die Darmflora ungünstig

 

Darmflora


Edmonton (Kanada) - Im Vergleich zu Naturvölkern und Bewohnern von Entwicklungsländern erkranken die Menschen in den Industrieländern seltener an Infektionskrankheiten. Das ist hauptsächlich der Einhaltung von Hygieneregeln zu verdanken, die eine Übertragung von Erregern verhindern. 







Andererseits sind chronische Krankheiten wie Allergien, Darmentzündungen, Fettleibigkeit und Diabetes viel stärker verbreitet als bei Menschen mit traditioneller Lebensweise. 
Der Unterschied im Lebensstil – dazu zählt auch die Art der Ernährung – spiegelt sich in der Zusammensetzung der Darmflora. Ein internationales Forscherteam berichtet jetzt im Fachblatt „Cell Reports”, auf welche Weise der Übergang zur westlichen Lebensform das Artenspektrum der Darmbakterien verändert haben könnte. Dazu wurde die Darmflora von Menschen aus Papua-Neuguinea mit der von US-Amerikanern verglichen. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass das unterschiedliche Keimspektrum zu einem großen Teil darauf beruht, wie häufig Darmkeime direkt oder indirekt von Mensch zu Mensch übertragen werden. In den westlichen Industrieländern, wo das weniger der Fall ist, hat so die Artenvielfalt der Darmflora abgenommen, was die Entwicklung bestimmter Krankheiten begünstigt.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Praktiken, die eine Verbreitung von Bakterien einschränken – insbesondere Hygienemaßnahmen und Trinkwasserkontrolle – eine wichtige Ursache für Veränderungen der Darmflora sein könnten“, sagt Jens Walter von der University of Alberta in Edmonton. 

Daneben beeinflussen auch andere Faktoren wie Ernährung, Einsatz von Antibiotika und Kaiserschnittgeburten, welche Arten von Mikroben sich dauerhaft im Darm ansiedeln. 


Die Forscher aus Kanada, den USA und Papua-Neuguinea analysierten das vollständige Artenspektrum der Darmkeime von je 20 Menschen zweier Stämme aus Papua-Neuguinea sowie von 22 US-Amerikanern. Dabei kamen modernste Methoden der DNA-Sequenzierung zum Einsatz. Die Mitglieder der traditionell lebenden Stämme ernährten sich hauptsächlich durch selbst angebaute pflanzliche Produkte, aßen nur etwa zweimal wöchentlich Fleisch und nutzten Regenwasser und fließende Gewässer als Trinkwasser. Die Kindersterblichkeit ist hoch, die Lebenserwartung gering. Viele sterben an Infektionskrankheiten wie Lungenentzündung, Malaria, Meningitis oder Tuberkulose.

Die Forscher bestätigten zunächst Ergebnisse ähnlicher vergleichender Untersuchungen: Menschen in den Industrieländern zeigen eine geringere Artenvielfalt an Mikroben im Darm eines Individuums, während sich das Artenspektrum zwischen verschiedenen Menschen stärker unterscheidet als bei Menschen von Naturvölkern.

Bekanntlich fördert der höhere Fleischkonsum bei westlicher Lebensweise die Vermehrung anderer Gruppen von Bakterien als die hohe Zufuhr pflanzlicher Ballaststoffe bei traditionellen Lebensformen. 

In der Darmflora der amerikanischen Probanden fehlten 50 Keimarten völlig, die bei allen Papua vorhanden waren. 

Doch abgesehen von der Ernährung ließen sich diese Befunde nur durch den unterschiedlich starken Austausch von Darmbakterien zwischen den Menschen erklären, schreiben die Autoren. Aufgrund der wenig hygienischen Lebensbedingungen würden die Stammesangehörigen ihre Darmkeime durch fäkale Verunreinigungen übertragen, so dass sich das Artenspektrum im Darm der Individuen angleicht. 

Dagegen könnte sich unter modernen Lebensbedingungen die Darmflora einzelner Menschen leicht so verändern, dass Bakterienarten verloren gehen, die für die Gesundheit wichtig sind.

Das bedeute jedoch nicht, dass es besser wäre, hygienische Regeln zu lockern: „Wir sollten vielmehr darüber nachdenken, wie wir den mit dem modernen Lebensstil verbundenen Kollateralschaden für die Darmflora verringern können, ohne auf die Vorteile unserer Lebensweise zu verzichten”, sagt Teammitglied Andrew Greenhill von der Federation University Australia in Churchill. Wenn es beispielsweise gelänge, die Vermehrung von Darmkeimen anzuregen, die in zu geringer Zahl vorliegen, könnten dadurch Krankheiten behandelt oder deren Entstehung vorgebeugt werden. 

Es wäre naheliegend, dies durch eine Ernährungsumstellung oder über Nahrungsergänzungsmittel zu erreichen.


Zu meiner Facebook-Page


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen