Birken wirken
Forscher untersuchen die heilende Wirkung von Extrakten aus der Birkenrinde
Birkenextrakte gelten seit Jahrhunderten als Naturheilmittel. Wissenschaftler haben nun die Wirkungszugsammenhänge erforscht und festgestellt, wie Extrakte aus der Birkenrinde die Wundheilung fördern.
(Quelle: Wiki)
Birkenrinde wird seit Jahrhunderten vielseitig eingesetzt
Die weiße Rinde der Birke ist Teil ihres Erfolgsrezepts. Auf sie geht auch ihr Name zurück. „Strahlend, glänzend“ bedeutete er im Indogermanischen. Birkenrinde wurde schon vor Jahrhunderten als vielseitiges Baumaterial eingesetzt. Schon seit dem Mittelalter fand sie auch als Naturheilmittel Verwendung.
Die Birkenrinde steht heute erneut im Fokus und zwar im Rahmen von Studien, die das Ziel haben, ihre Extrakte im Detail auf das medizinische Potential hin zu untersuchen. Dabei wurde festgestellt, dass Wirkstoffe aus der Birkenrinde die Wundheilung bei unterschiedlichen Verletzungen fördern, z. B. bei Gürtelrose, Verbrennungen zweiten Grades oder bei Hauttransplantationen. Wissenschaftler haben nun im Rahmen einer aktuellen Studie die Wirkungsmechanismen auf molekularer Ebene untersucht und herausgefunden, an welchen Punkten und in welchen Stadien der Wundheilung die pflanzlichen Wirkstoffe aus der Birkenrinde wirken. Für die Untersuchung konzentrierten sich die Wissenschaftler auf sekundäre Pflanzenstoffe, so genannte pentazyklische Triterpene. Dabei handelt es sich um chemische Verbindungen, die der Pflanze zur Abwehr von Schädlingen und zum Schutz vor UV-Strahlung dienen. Für den Menschen haben solche sekundären Pflanzenstoffe häufig einen medizinische Wirkung. Viele Triterpene wirken beispielsweise antimikrobiell.
Wundheilung mit Birkenextrakten
Die Wundheilung der Haut ist komplex und verläuft in mehreren Phasen, die teils überlappend, teils parallel ablaufen. Zuerst gilt es, die Blutung zu stillen (Hämostase), gefolgt von der Entzündungsphase, in der die Wunde von den Zellen des Immunsystems gereinigt wird. Infektionen werden somit vorgebeugt. Anschließend beginnt in derGranulationsphase der Wiederaufbau des Gewebes. Das in dieser Phase entstandene Granulationsgewebe bildet die Grundlage und das Gerüst für die anschließende Reepithelisierung. Der Begriff Epithel, der in Re-Epithelisierung enthalten ist, ist ein Oberbegriff für verschiedene Oberflächengewebe. Um nun den Wiederaufbau der Haut zu fördern, gleiten Keratinozyten von den Wundrändern zum Granulationsgewebe, um sich dort anzusiedeln. Keratinozyten sind Hautzellen, die später den Großteil der Oberhaut (Epidermis) ausmachen. Schicht für Schicht wird auf diese Weise die Haut wieder aufgebaut. Die Wunde schließt sich und lediglich eine Narbe bleibt zurück.
Extrakt aus der Birkenrinde fördert den Wundheilungsprozess
Von Interesse war es nun, herauszufinden, ob und in welchem Schritt die Birkenextrakte eine positive Wirkung im Heilungsprozess entfalten. Bei den untersuchten Wirkstoffen aus der Birkenrinde handelte es sich vor allem um Betulin, das den Hauptbestandteil der Birkenrinde ausmacht und auch verantwortlich für die weiße Farbe der Birkenrinde ist. Betulin wird heute bereits als Wirkstoff in Hautcremes und Hautpflegeprodukten verarbeitet und in Apotheken verkauft. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Betulin das Wachstum über die Stimulation von Zytokine anregte. Zytokine sind Wachstumsfaktoren, genauer Proteine, die entzündungsfördernd wirken und vor allem in der für die Wundreinigung wichtigen Entzündungsphase beteiligt sind. Im Rahmen der Immunreaktion fungieren sie als Botenstoffe (Mediatoren). In diesem Zusammenhang wirkte sich Betulin auch positiv auf die Chemokine aus. Diese stelleneine weitere Untergruppe der Zytokinen dar und sind wichtig für die Migration also die Bewegung der Zellen. Mindestens ein weiteres Protein wirdvom pflanzlichen Wirkstoff beeinflusst, das Aktin. Auch dieses ist in die Zellmigration involviert. Aktin ist wichtig, weil es unter anderem die Richtung der Zellbewegung beeinflusst. Im Rahmen der Wundheilung kommt Aktin vor allem bei der Wiederherstellung des Gewebes in der Granulationsphase zum Tragen.
Die Wirkung des Birkenextraktes ist dosisabhängig
Die Wissenschaftler konnten ihre Beobachtung anhand weiterer Tests bestätigen und kamen zu einem weiteren Ergebnis: Die positive Wirkung des Extraktes ist dosisabhängig. Sie erhöhte sich, je höher der Anteil der sekundären Pflanzenstoffe (pentazyklische Triterpene), vor allem aber der Betulingehalt ist. Betulin macht fast die Hälfte der Masse von Birkenkork aus und wird deshalb auch als Haupt-Triterpen der Birke bezeichnet. Die Wissenschaftler beobachteten außerdem, dass die Wundheilung bzw. die Entzündungsphase schneller eingeleitet wird, je höher die Dosis ist. Dies machte sich vor allem in der ersten Hälfte des Wundheilungsprozesses bemerkbar: Hohe Dosen des Birkenstoffes erhöhten die Bewegungsfähigkeit der Immunzellen und beschleunigten dadurch die Wundreinigung. Die Entzündungsphase wird somit verkürzt. Hingegen wird die Wiederaufbauphase des Gewebes, in der Zellteilung und Zellwachstum stattfinden, durch Betulin kaum beeinflusst.
Arzneischrank Mutter Natur
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Rinde eines Baumes bzw. ein darin enthaltener Wirkstoff die Aufmerksamkeit von Medizinern und Wissenschaftler auf sich zieht.Salizylsäure, auch Spirsäure genannt, entstammt der Baumrinde des Weidenbaums und bildet die Grundlage für Acetylsalicylsäure (ASS). Bereits in der Antike wurde der Saft aus der Weidenrinde gegen Fieber oder Kopfschmerzen eingesetzt. Heute bildet der Wirkstoff die Grundlage für eines der am weitesten verbreiteten Medikamente, dessen Name von dem Begriff Spirsäure abgeleitet ist, nämlich Aspirin. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass es den Forschern gelungen ist, eine positive Wirkung des Extraktes aus der Birkenrinde klinisch nachzuweisen und somit auch ein Zeichen im Hinblick auf die Entwicklung zukünftiger Medikamente zu setzen, die heilende Kraft von Naturstoffen nicht zu unterschätzen.
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