Inhaltsstoff aus Weizenkeimen gegen Demenz?
Spermidin verbessert in Pilotstudie das Gedächtnis von Senioren
Alzheimer und andere Demenzerkrankungen nehmen zu: Bis 2050 könnte sich die Zahl der Betroffenen verdoppeln bis vervierfachen, wie Epidemiologen prognostizieren. Doch bisher scheint dagegen nichts zu helfen: Es gibt trotz weltweiter Forschung und milliardenschwerer Investitionen bisher keine Therapie, die die fortschreitende Zerstörung des Gehirns stoppen oder gar rückgängig machen kann. Immerhin sind einige vielversprechende Wirkstoffe zurzeit bereits im Test.
Auf der Suche nach einer Gegenstrategie setzen viele Forscher inzwischen auf die Prävention. Die Frage ist, welche Umweltfaktoren, Ernährung oder Lebensweise möglicherweise vor einer Demenz schützen kann. Über eine hoffnungsvolle Entdeckung berichten jetzt Neurologen dem aktuellen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Leipzig.
"Booster" für die Müllabfuhr der Zelle
Dabei handelt es sich um einen Inhaltsstoff von Weizenkeimen, das Spermidin. Im menschlichen Körper spielt diese Substanz eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung von Zellprozessen und fördert vor allem die Beseitigung von zellulärem Abfall mittels Autophagie. Weil sich bei Alzheimer solcher "Müll" in Form fehlgefalteter Proteine in den Hirnzellen sammelt, vermuten Forscher schon länger, dass die zelluläre Müllabfuhr hier gegensteuern könnte.
"Bisherige Daten lassen vermuten, dass sogenannte Polyamine, insbesondere das Spermidin, sich positiv auf die Gehirnfunktion und geistige Fähigkeiten auswirken", berichtet Agnes Flöel von der Neurologischen Universitätsklinik Greifswald. In Tierversuchen erwies sich das Spermidin bereits als wirksam: Es verlängerte die Lebensdauer von Würmern und Insekten und stoppte den altersbedingten Gedächtnisverlust bei Fruchtfliegen.
Einnahme verbesserte Gedächtnis
Flöel und ihre Kollegen haben daher in einer Pilotstudie untersucht, wie sich aus Weizenkeimen gewonnenes und in Kapseln verabreichtes Spermidin auf Lernen und Gedächtnis von Probanden auswirkte. Das Ergebnis: "Wir konnten zeigen, dass sich Gedächtnisleistungen bereits nach dreimonatiger Einnahme tendenziell verbessern, bei sehr guter Verträglichkeit der Kapseln", berichtet Flöel.
Jetzt soll eine größere Studie diese Ergebnisse überprüfen und vertiefen. In ihr untersuchen die Mediziner die Wirkung einer zwölfmonatigen Gabe von natürlichem Spermidin aus Weizenkeimen auf Lernen und Gedächtnis sowie auf die Struktur des Gehirns. An der "Smart Age"-Studie nehmen ältere, noch gesunde Menschen teil, deren Gedächtnis sich nach eigener Einschätzung verschlechtert hat. Noch werden Studienteilnehmer gesucht (s.u.).
Vorgetäuschtes Fasten
Kann man eine Demenz demnach einfach wegessen oder eine vorbeugende Pille dagegen schlucken? "Nahrungsergänzungsmittel können nie eine ausgewogene Ernährung ersetzen", betont Flöel. Aber eine gesunde Ernährung kann durchaus zur Prävention beitragen. So sei es günstig, viel Obst, Gemüse und ungesättigte Fettsäuren zu sich zu nehmen und beim Zucker zu sparen.
"Außerdem spielt es eine Rolle, wie viel man isst: In Studien führte eine Kalorienrestriktion, vor allem der Reiz des Fastens, zu besseren Gedächtnisleistungen", so die Neurologin.
Dies könnte auch die Wirkung des Spermidins erklären, denn dieses gehört zu den sogenannten Kalorienreduktions-Mimetika:
"Das sind Substanzen, die Effekte des Fastens nachahmen. Der Körper produziert sie beim Abnehmen, man kann sie aber auch mit der Nahrung aufnehmen", erklärt Flöel.
Auch einige weitere Vertreter dieser Fasten-"Imitatoren" könnten mögliche Helfer gegen die Demenz sein, darunter eine Substanz aus Grünem Tee und das in roten Trauben enthaltene Resveratrol.
"Für Resveratrol konnten wir positive Effekte auf die Gedächtnisleistung nachweisen, andere Gruppen fanden Auswirkungen auf die Durchblutung des Gehirns", berichtet Flöel.
Weitaus eindeutiger und einfacher aber sind Vorbeugungs-Maßnahmen, die jeder in seinem Alltag berücksichtigen kann:
"Für Resveratrol konnten wir positive Effekte auf die Gedächtnisleistung nachweisen, andere Gruppen fanden Auswirkungen auf die Durchblutung des Gehirns", berichtet Flöel.
Weitaus eindeutiger und einfacher aber sind Vorbeugungs-Maßnahmen, die jeder in seinem Alltag berücksichtigen kann:
Ausreichend Bewegung, ein aktives soziales Leben und die Vermeidung von Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht können helfen, das Risiko für eine Demenz zu verringern.
(Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V., 21.09.2017 - NPO)
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