Buriti,
die einzigartigste Palme Südamerikas
Wissenschaftlich hat man sie Mauritia flexuosa getauft, auf Deutsch sagt man Morichepalme zu ihr; Einheimische sprechen von der robusten „Buriti“-Palme oder Carandá–guaçu aus der Familie der aracaceae.
Ihr Herkunftsland heißt Brasilien, wobei in tiefer gelegenen Regionen unterschiedliche Vegetationsformen vorhanden sind. Sie wächst auf durchnässten Böden, überschwemmten Waldstücken, entlang Flüssen und Bächen, insbesondere in undurchlässigen Böden niedriger Gebiete bis zu 1.000m Höhe in den Staaten Maranhão, Piauí, São Paulo, Pará, Mato Grosso, im Pantanal, am Amazonas und in den Weiten des Cerrado. Sie gilt als das Land am häufigsten vorkommende Palme. Dieberühmtestes „buritizais“ finden sich entlang der Mündung des Tocantins in Pará sowie in Westbahia (Veredas) und sind auf Satellitenbildern deutlich erkennbar, breiten sich aus bis in den nördlichsten Teil Südamerikas. Selbst einige Städte tragen ihren Namen, so zum Beispiel Buritama SP, Buritirama BA, Buritizeiro MG, Buritis MG, Buriti MA und viele andere.
Buriti gilt als eine der wertvollsten Pflanzen für die lokale Bevölkerung; viele Familein bestreiten hiermit ihren Lebensunterhalt. Besonders in den letzten Jahren stieg der wirtschaftliche Nutzen von Buriti erheblich.
Sie ist wohl die eleganteste Palme Südamerikas: Ein gerader Stamm von bis zu 35 Metern Höhe trägt fächerartige Blätter, die bis zu 3 m lang werden können und teilweise einen sanften Gelbton zeigen. Ihre elegante Form vollendet die Buriti-Palme mit kastanienroten Früchten, welche in dicken, mehreren Meter langen Trauben von den Palmen hängen und vollkommen von braun glänzenden, rautenförmigen Schuppen bedeckt sind. Innen liegt ein ovaler, harter Kern, dessen Inneres ebenfalls essbar ist. Dezember bis April findet die Haupternte statt; allerdings tragen die Palmen während des gesamten Jahres. Bis zu 7 cm Länge erreichen die kugeligen Früchte mit orangefarbenem bis gelblichem Fruchtfleisch (Mesokarp). Bis zu sieben Trauben bildet eine Buriti-Palme und produziert so jährlich bis zu 5000 Früchte. Frische Früchte besitzen nur eine kurze Lagerfähigkeit. Nicht nur Menschen, auch Tapir, Aras und andere Wildtiere laben sich daran.
Buriti-Palmen wachsen in der tropischen Wildnis isoliert oder in Gruppen, meist in sumpfigen Gegenden, weshalb sie auch als Sumpfpalmen bezeichnet werden. Vereinzelt bezeichnen Einheimische sie auch als Vereda. Selbst Guimarães Rosa, ein renommierter brasiliansicher Schriftsteller beschreibt in seinen literarischen Werken die Buritis in Mittelbrasilien, in den Tiefebenen und den unendlichen Flächen des Cerrado. Buritis ragen majestätisch in den Grassavannen, den Flußregionen und dem tropischen Regenwald auf. Sternförmige angeordnete, glänzend-dunkelgrüne Blätter zieren die Bäume und bilden einen exzellenten Sonnenschutz. Flüsse tragen die Buritisamen kilometerweit. Jahrtausende altes Indianerwissen wird derzeit wieder von den internationalen Forschern neu entdeckt; Buriti steht weltweit zu mehreren Patentanmeldungen auf der Liste.
Interessant zeigt sich das Pflücken der Früchte: Fruchtsammler klettern mit einem Sammelbeutel umgehängt die Bäume hinauf, füllen den Beutel, schneiden oben mit einem Messer einen großen Palmwedel ab und benutzen diesen zum Herunterkommen als Fallschirm.
Buriti: 1.001 Verwendungsmöglichkeiten
Von den Buritifrüchten isst man das goldgelbe, aromatische Fruchtfleisch. Die harten braunen Schuppen können durch lauwarmes Wasser aufgeweicht werden. Einheimische verarbeiten das köstliche Buriti-Fruchtfleisch zu Süßspeisen und Pulp. Farinha de Buriti, Mehl aus dem Stammmark junger Palmen, wird ebenfalls häufig benutzt. Hierzu wird Fruchtfleisch sonnengetrocknet und mittels einer Reibe geraspelt (paçoca). Zusammen mit Maniokmehl und Melasse entsteht eine Energie spendende Basismischung für viele Gerichte, die über längere Zeit haltbar ist. Fruchtfleisch lässt sich problemlos einfrieren und kann dann später zu Eis, Gelee, Likören, exotischen Aromen etc. weiterverarbeitet werden.
Auch um Buriti gibt es viele Geschichten. Einheimische wissen zum Beispiel, dass eine wilde Schweineart verrückt ist nach Buritifrüchten. Jäger warten deshalb in der Hochsaison in den Buritipalmen, bis die Schweine sich vollgefressen haben und dann leicht zu erlegen sind.
Indios verfügen noch über weit mehr Pflanzenwissen: Sie benutzen zerquetschtes Fruchtfleisch, um Brandwunden zu behandeln oder Schmerzen zu lindern.
Beim Anbohren des Buriti-Stammes kann eine süße, durstlöschende Flüssigkeit entnommen werden, die fermentiert zu Palmwein wird.
Ausgepresstes Buritiöl enthält viel Vitamin A, auch das Palmmark gilt als äußerst nährreich und ist derzeit Gegenstand internationaler Forschungsreihen, die langsam die Weisheit der indigenen Ureinwohner wieder aufleben lassen.
Buritiöl eignet sich außer zu Heilzwecken ebenso zum Braten wie auch zur Herstellung von Lampenöl, Lederweichmachern, Seifen, Haarpflegeprodukten, Badeölen, Cremes, Sonnencremes und Aftersunprodukten.
Buriti ist bekannt für seine immensen Fähigkeiten der Zellerneuerung, arbeitet zudem als natürliches Peeling, entfernt alte Hautzellen und revitalisiert. Indios am Amazonas schützen sich mit Buriti-Öl bei stundenlangen Fischerfahrten vor der Tropensonne.
Es überraschte ein kürzliches Forschungsresultat der Pará-Universität: Buriti-Öl absorbiert vollständig die elektromagnetische Strahlung. Japan, Frankreich und USA sind an Patenten interessiert.
Buriti-Öl findet am Amazonas ferner Anwendung als Wurmkur und Energiespender. Einige Stämme bereiten sagoartigen, stärkehaltigen Brei.
Buritipulp kann auf Märkten der nördlichen Region erworben werden. Teilweise werden Blütenstände eingeschnitten, um die entnommene Flüssigkeit zu Buritiwein zu fermentieren. Auch Samen werden in Erdgruben fermentiert. Peruanische Stämme und amazonische Stämme verwenden zudem Fruchtsaft. Buritisaft ist so reich an Zucker, dass er kristallisiert. Zum Entnehmen wird lediglich ein Loch in den männlichen Palmstamm gebohrt und der Saft in einem Behälter gesammelt. Pro Baum lassen sich so rund 10 Liter entnehmen; der Saccharosegehalt liegt bei über 90 %, sodass Zucker durch diese Flüssigkeit ersetzt wird.
Als Speiseöl verfügt Buriti über erstaunlich hohe Mengen an Vitamin C und Vitamin A sowie hohe Nährwerte. Derzeit ist Buriti die Pflanze mit dem höchsten Vitamin A-Gehalt (300 Mal höher als Mango!).
Falls alle Teile der Buriti-Palme können verwendet werden. „Palhas“, ausgewachsene Palmblätter von mehreren Metern Länge liefern natürliche Fasern für Dacheindeckungen, Seile, Haushaltswaren, Netze, Flöße, Teppiche, Sonnenschirme, Taschen, Körbe, Käfige, Matten und mehr, können ebenfalls als Mulchmaterial benutzt werden. Blattstiele eigenen sich zur Herstellung von Körben und Möbeln, die sich durch Haltbarkeit und Leichtigkeit auszeichnen. Buritiholz ist schwer und hart, jedoch nur von geringer Resistenz, wird aber trotzdem in den Tropen für Möbel und Pfeiler verwendet. In zwei Hälften gespaltene Stämme eignen sich als Dachrinnen. Samen lassen sich zu Schmuckstücken wie Halsketten verwenden.
Pflanzung und Pflege von Buriti-Palmen
Das nationale brasilianische IBAMA-Institut setzt sich vermehrt für Aufforsten von Buriti-Palmen sowie ihre Nutzung auf öffentlichen Plätzen, Parks und Gärten ein, um die Spezie zu erhalten. Eine Keimung erfolgt langsam und unregelmäßig. Etwa 30 % der Samen keimen innerhalb von 2 Monaten, weitere 30 % keimen innerhalb von 10 Monaten. Vor dem Einpflanzen sollten die Samenkerne 30 Tage in Wasser gelegt werden, wobei täglicher Austausch des Wassers erforderlich ist. Vorsichtig kann man von einer Keimung innerhalb von drei bis fünf Monaten sprechen. Nach etwa 18 Monaten kann die Pflanze permanent eingesetzt werden. Saurer Boden und viel Wasser sind von Vorteil. In europäischen Klimaverhältnissen überleben Buriti-Palmen lediglich in Wintergärten.
Buritifrüchten enthalten auf 100 Gramm Fruchtfleisch enthalten
105 Kalorien
7 g Kohlenhydrate
1,5 g Eiweiß
5,5 g Fette
6,8 g verdauungsfördernde Fasern
2877 μg Vitamin A
0,2 mg Vitamin B2
18 mg Vitamin C
108 mg Kalzium
3,6 mg Eisen
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