Montag, 16. Mai 2016

Entschlacken – ein fragwürdiges Heilversprechen?

Entschlacken – ein fragwürdiges Heilversprechen?




Die Entschlackung wird in der Medizin als eine therapeutische Maßnahme beschrieben, um Stoffwechselprodukte vermehrt auszuscheiden. Dies geschieht durch Schwitzkuren, Rohkost, Abführmittel, Blutreinigungsmittel, Trinkkuren oder Heilfasten. Einige dieser Methoden sind in ihrer Wirksamkeit alles andere als unumstritten.


Laut Duden bezeichnet das Wort Schlacke einen „Rückstand beim Verbrennen, besonders von Koks“ – so etwas liegt im menschlichen Körper allerdings bekanntlich nicht herum. Auch die anderen Abfallprodukte und Giftstoffe, die bei unserem Stoffwechsel übrig bleiben, werden gewöhnlich zuverlässig von Niere und Darm abtransportiert. Und es gibt keine fundierten Anzeichen dafür, dass man etwa durch Fasten zusätzliche Schadstoffe aus dem Körper ausscheiden könnte. 


Aus wissenschaftlicher Sicht ist die entschlackende Wirkung des Heilfastens also umstritten. Abbauprodukte und giftige Stoffe werden nämlich normalerweise vom Körper – sofern kein Fehlverhalten eines dafür zuständigen Organs vorliegt – wieder ausgeschieden. Eine Ansammlung von Schadstoffen, Umweltgiften oder Stoffwechselrückständen im Körper sei – laut überwiegender Mehrheit der Mediziner – nicht nachzuweisen. Somit sei auch das vielbeschworene „Entschlacken“ durch eine Fastenkur ein äußerst fragwürdiges Heilversprechen.


Pro & Contra Entschlacken und Entgiften



Demgegenüber steht die Meinung vieler Wissenschafter, die behaupten, dass unser Organismus einem Speichermechanismus gleicht. Daher kann davon ausgegangen werden, dass auch unerwünschte Stoffe gespeichert werden, da der menschliche Körper nicht imstande ist, sämtliche Stoffe auszuscheiden. 


Demnach wäre folgender Ablauf beim Versuch, Schadstoffe aus der Umwelt, der Nahrung und solche, die im eigenen Organismus entstehen, wieder loszuwerden, denkbar: Erst versucht der Körper, diese Stoffe auszuscheiden. Gelingt das nicht, werden sie abgelagert – und zwar an Stellen, die für die Funktionsfähigkeit des Organismus untergeordnete Bedeutung haben. Solche „Lagerplätze“ sind vor allem das Binde- und Fettgewebe. Dort landen organische Säuren, Schwermetalle, Schlacken – also die biochemischen Verbindungen von Abfallstoffen.


Sind allerdings Binde- und Fettgewebe bereits überlastet, sucht sich der Körper neue Deponien, die für diesen Zweck aber im Grunde nicht vorgesehen sind: In diesem Fall kommen Gelenke, Sehnen und Muskeln an die Reihe. Zum Neutralisieren von Giften und entstehenden Säuren benötigt der menschliche Organismus Mineralstoffe. Werden diese nicht in ausreichender Menge mit der Nahrung geliefert, holt er sich das Kalzium kurzerhand aus den körpereigenen Reserven, den Knochen. Auf diese Weise entsteht – so wird behauptet – z. B. die Knochenschwäche Osteoporose.


Fest steht: Die Entstehung von Stoffwechselrestprodukten (Schlacken) und Giftstoffen (Toxinen) im Körper ist ein ganz normaler Vorgang, auf den unser Körper durch seine Filter-Organe und durch seine natürlichen Puffersysteme gut eingestellt ist. Das Ziel dieser natürlichen Entgiftung ist es, das Blut in seiner Zusammensetzung konstant zu halten und überflüssige Substanzen zur Ausscheidung zu bringen, somit Anlagerungen im Zellgewebe und im extrazellulären Raum (vor allem in extrazellulären Flüssigkeiten) zu verhindern.



Für eine erfolgreiche Entgiftung und „Entschlackung“ – also dem Abtransport von übriggebliebenen Stoffwechselprodukten – sind die Ausscheidungsorgane von zentraler Bedeutung: Leber, Niere, Darm, Blase und die Haut.


Nicht eingestellt ist unser Organismus auf die vermehrte Zufuhr von Umweltgiften sowie auf die vermehrte Entstehung von Stoffwechselgiften durch die Zufuhr von zu viel und zu einseitiger Nahrung. 



Diese Gifte und Schlacken kann der Körper oft nicht entsorgen und lagert sie im passiven Gewebe, wie Fettgewebe, Knochen und Haaren (vor allem Umweltgifte) oder gelöst im extrazellulären Raum an. Die Folge ist demnach eine fortschreitende Verschlackung und Vergiftung des Körpers. Vereinfacht dargestellt legt der Körper demnach also quasi Sondermülldeponien dort an, wo keine Stoffwechselvorgänge stattfinden.

Schadstoffe, die unseren Organismus belasten können:


Stoffe, die als Abfallprodukte bei der Verstoffwechselung von Nährstoffen entstehen, dazu gehören hauptsächlich:
  • Säuren
Stoffe, die als Schadstoffe Bestandteil der Nahrung sind. Dazu gehören toxische Spurenelemente, wie:
  • Blei
  • Cadmium
  • Quecksilber
  • Arsen
Nahrungsbestandteile, die bei der Züchtung/Verarbeitung/Lagerung zugesetzt werden, wie:
  • Nitrat
  • Pestizide
  • Arzneimittel
  • Farbstoffe
  • Konservierungsstoffe
  • Weichmacher aus Verpackungsmaterialien
  • Benzpyrene in Räucherwaren
  • Schimmeltoxine
  • Zinn aus Konserven
Natürliche toxische Nahrungsbestandteile, wie:
  • Solanin
  • blausäurehaltige Glukoside
  • Oxalsäure
  • Nitrat
  • Phytinsäure
  • toxische Proteine (Proteaseinhibitoren/Hämaglutinine)
  • Histamin (biogene Amine)

Sinn oder Unsinn?




Die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Maßnahmen zur Entschlackung werden augenscheinlich wissenschaftlich kontrovers diskutiert. Es gibt Ansichten, die besagen, dass der Körper zwar Giftstoffe anlagert, diese Anlagerung aber durch spezielle ernährungstherapeutische Maßnahmen nicht reversibel ist. 

Außerdem gibt es die Ansicht, dass durch ein Ungleichgewicht im Säure-Basen-Haushalt keine Schlacken entstehen, und es somit auch nicht zur Anlagerung von Schlacken kommen kann. 

Einige Experten wiederum meinen, dass vor allem die Schlacken Schuld an vielen Zivilisationskrankheiten sind.


Zweifelsfrei kann allerdings folgendes festgehalten werden: Um den Körper von diesen unerwünschten Abfallstoffen zu befreien, sind zunächst pauschal alle Maßnahmen geeignet, die zum Abbau von Speicherstoffen (vor allem Fett) führen und eine vermehrte Ausscheidung hervorrufen. Die Befolgung dieser Regeln ist somit in jedem Fall für Ihre Gesundheit förderlich.

Tägliche Maßnahmen zur Entschlackung können sein:
  • 2 bis 3 Liter Wasser und Kräutertee trinken
  • bedarfsgerechte, ballaststoffreiche Ernährung
  • Zufuhr von Proteinen mit hoher biologischer Wertigkeit
  • ausreichende Zufuhr von Vitalstoffen
  • viel Bewegung
  • wenig Stress

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